Wasser | Thực hành ngôn ngữ | Đại học Khoa học Xã hội và Nhân văn, Đại học Quốc gia Thành phố HCM

Trường Đại học Khoa học Xã hội và Nhân văn cung cấp nhiều môn học phong phú như Ngôn ngữ học đối chiếu, Phong cách học, Kinh tế học Vi mô, Lịch sử Việt Nam, Xã hội học, Tâm lý học, Văn hóa học và Ngữ văn Trung Quốc. Các môn học này giúp sinh viên phát triển kiến thức chuyên môn, kỹ năng phân tích và nghiên cứu, chuẩn bịa tốt cho công việc và nghiên cứu sau khi ra trường.

lOMoARcPSD|40799667
WALD | WASSER
Zeitschrift für Medienwissenschaft
, Jg. 16, Heft 30 (1/2024), https://doi.org/
10.14361/zfmw-2024-160147
. Published by transcript
Verlag. This work is licensed under the Creative Commons Attribution
CC-BY-NC-ND 4.0 DE licence.
MONOKULTUREN
Die Forsteinrichtungsverfahren, die Probleme der
Holzknappheit und Waldzerstörung lösen sollten,
führten tendenziell zu einer Privilegierung von
Monokulturen und somit zu fatalen Verlusten:
Biodiversität und Waldnutzungspraktiken wur-den
im Verlauf der Forsteinrichtungen stark re-guliert.
Im 19. Jahrhundert zwangen (Kolonial-)
Verwaltungen und Holzunternehmer*innen die
vermeintlich nachhaltige Forstwirtschaft lokalen
Bevölkerungsgruppen auf. Dabei konnten sie an
die lange Geschichte der Landwirtschaftsplanung
und Sklaverei in rasterartigen Raumaufteilungen
anschließen. Ob in Europa, Indien, Algerien oder
in den USA in verschiedenen Regionen wurden
Waldnutzer*innen juristisch verfolgt, wenn sie
Tiere weideten, Holz und Laub sammelten oder
andere Formen der Waldnutzung praktizierten, die
in den taxierten Monokulturen nicht mehr
vorgesehen waren. Die vermeintliche Perfektion
in der Forstwirtschaftsplanung täuschte dabei über
Gewalt gegenüber Menschen und anderen
Lebewesen hinweg. Letztendlich rechtfertigten
das Versprechen eines ausgleichbaren Ressour-
cenhaushalts und das Denkmuster von Fällen und
Aufforsten gemäß Kreislaufprinzip einen
intensiven Ressourcenextraktivismus. Noch heute
werden ähnliche Bild- und Denkmuster mobili-
siert, um an Utopien von grünem Wachstum und
angeblich verlustlosen Ressourcenkreis-läufen
festzuhalten.
Lit.: Hartig, Georg Ludwig (1795/1804): Anweisung
zur Taxation und Beschreibung der Forste, Gießen, Darm-
stadt. · Hartig, Georg Ludwig / Hartig, Theodor
(1834): Forstliches und forstnaturwissenschaftliches Conversa-
tions-Lexikon. Ein Handbuch für Jeden, der sich für das Forst-
wesen und die dazu gehörigen Naturwissenschaften interessirt,
Berlin. · Haeckel, Ernst Heinrich Philipp August
(1866): Generelle Morphologie der Organismen. Allgemeine
Grundzüge der organischen
Formen-Wissenschaft. Bd. 2:
Allgemeine Entwicklungsgeschichte der Organismen, Berlin.
WAS UNS AUSGEHT
· Hopwood, Nick u. a. (2021): Cycles and Circulation: A
Theme in the History of Biology and Medicine, in: His-
tory and Philosophy of the Life Sciences, Jg. 43, Nr. 89, 1
39, doi.org/10.1007/s40656-021-00425-3. · Kasthofer, Karl
(1829): Der Lehrer im Walde. Ein Lesebuch für Schweizerische
Landschulen, Waldbesitzer und Gemeindsverwalter, welche
über die Waldungen zu gebieten haben, Bd. 2, Bern. · Stuber,
Martin (2008): Wälder für Generationen. Konzeptionen der
Nachhaltigkeit im Kanton Bern (1750 1880), Köln.
· Weber, Heike (2020): Zeit- und verlustlos? Der Recy-cling-
Kreislauf als ewiges Heilsversprechen, in: Zeitschrift für
Medienwissenschaft, Jg. 12, Nr. 23 (2/2020): Zirkulation,
20 32, doi.org/10.25969/mediarep/14821.
WASSER Wasser geht auf der Erde vermeintlich
nicht aus. Sie ist zu zwei Dritteln davon bedeckt und
nach derzeitigem Wissensstand der einzige Planet,
auf dem es in erheblicher Menge, direkt an der
Oberfläche und in allen Aggregatzustän-den
besonders in flüssiger Form auftritt. Das
Gesamtvolumen von etwa 1,4 Milliarden Kubik-
kilometern bleibt gleich. Wie es in ständigem W
Kreislauf verdunstet, zu Wolken kondensiert, regnet,
versickert, abfließt und wieder verduns-
tet, ist ein medial besonders einprägsamer natur-
wissenschaftlicher Zusammenhang, der anhand
von Schaubildern und Animationen früh erlernt
wird. So nachhaltig, dass es als Erwachsene
schwer gelingt, in einem Glossareintrag über
Wasser nicht in den entsprechenden Erklär-
Duktus zu verfallen.
Die harmonische Zirkulation, die solche Kreis-
laufbilder vermitteln, ist aber ebenso trügerisch
wie die Vorstellung einer Unerschöpflichkeit des
Wassers, deren zynische Ausprägung sich etwa in
Elon Musks «water everywhere» niederschlägt.
Wasser ist mal zu wenig, mal zu viel, und es ist
äußerst ungleich verteilt in zeitlicher und räum-
licher Hinsicht, aber auch in Bezug auf Zugäng-
lichkeit und Verbrauch. Ein verschwindender
Anteil von 3 Prozent der oben genannten Menge
ist Süßwasser, nur 0,01 Prozent sind erreichbar.
Davon wird immer mehr entnommen, für Agrar-
industrie und Güterproduktion, den Anbau von
121
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Avocados oder Kaffee, für Mikrochips, Textilien
oder besonders luxuriöse Nebenschauplätze wie
Schneekanonen. Während der Meeresspiegel
steigt und die Gletscher schmelzen, sinken die
Grundwasserpegel.
Sauberes Süßwasser geht tatsächlich verloren
(in Deutschland seit 2000 etwa in der Dimen-sion
des Bodensees global gesehen noch ein
vergleichsweise geringes Problem). Es wird mit
Schadstoffen angereichert, sinkt weiter ab oder
kann in ausgetrockneten Böden erst gar nicht ge-
speichert werden. In der Klimakrise werden Kreis-
läufe zu Spiralen: Die Erwärmung der Meere und
die Erderwärmung insgesamt beschleunigen sich
gegenseitig. Dabei verschärfen sich nicht nur die
geophysikalischen Dynamiken, sondern auch die
Ungleichheiten. Regionen, die selbst weit weniger
Wasser und fossile Energie umsetzen als andere,
sind von Überschwemmungen, Dürren wie auch
von Verschmutzung besonders stark betroffen.
Wasser ist eine in jeder Hinsicht elementare An-
W gelegenheit von environmental in / justice.
‹Natür-liche› (bzw. ‹physische›) und ‹ökonomische›
Was-serknappheit, so die offizielle Unterscheidung,
sind dabei kaum auseinanderzuhalten.
Im Wasser verschwimmt die Trennung von
physikalischen, ökologischen und politischen
Fragen, von Natur und Kultur erst recht mit
Blick auf aquatische Infrastrukturen wie Brunnen,
Kanäle, Staudämme und Kraftwerke. Auch darin
mag seine Attraktivität für die akademische Medi-
enwissenschaft begründet liegen, die sich in einem
ihrer frühen kanonisierten Texte einleitend mit
den Wasserwegen kanadischer Biber beschäftigt.
Mittlerweile richtet sich das Interesse vor allem
auf die Ozeane als wirkmächtigste Erscheinungs-
form von Wasser (das in Zukunft vielen auf der
Erde buchstäblich bis zum Hals stehen könnte):
«The sea is on the rise», heißt es in einer dop-
pelsinnigen Übersetzung des Satzes «Das Meer
hat Konjunktur» (Heidenreich 2019, 22). Man-
che Texte sind im Zuge dieser Konjunktur nicht
um fachbezogene Superlative wie «the ocean is
the medium of all media» verlegen (Peters 2015,
54). Wasser als Ursprung allen Lebens ist in den
Meeres- wie in den Medienwissenschaften eine
gewaltige Bezugsgröße, die umfassende Deu-
tungsansprüche provoziert. Es eignet sich als
Projektionsfläche und als Spielfeld begrifflicher
Konzepte wie Immersion oder Fluidität.
Medienwissenschaftler*innen machen sich also
gerne nass wenn auch meistens nicht zu sehr.
Forschungen wie die von Melody Jue, die in Wild
Blue Media (2020) zentrale Medienbegriffe ausge-
hend von der Praxis des Tauchens phänomenolo-
gisch neu zu fassen versucht, sind eher die Aus-
nahme. Beliebtere Forschungsgegenstände sind
Inseln, Strände oder das Aquarium als domesti-
zierter ‹Ozean im Glas›. Und immer wieder das
Schiff als abgegrenzter Raum, der als Chiffre des
Politischen dient in Verbindung mit, aber auch
Abgrenzung von dem, «was das Bild ‹rahmt›, das
Formlose, die Bedrohung von außen, das Meer»
(Siegert 2005, 41). Furcht und Faszination ange-
sichts dieser Bedrohung machen das Schiff auch zu
einem Medium der (zumindest vermeintli-chen)
Herrschaftsausübung. Perspektiven auf Meeresräume
über und unter Wasser sind durch eine lange
Geschichte der Exploration und Er-oberung des
‹Unbekannten› geprägt. In Texten, Filmen und auch
in der Forschung dominierten meist romantische
Affirmationen von Abenteuer-Narrativen erst in
letzter Zeit zeigt sich eine Politisierung in der Weise,
dass auch die kolonia-len und vergeschlechtlichten
Dimensionen dieser Erzählungen deutlicher benannt
werden.
Wenn Wasser selbst ein Medium ist, wie auch der
naturwissenschaftliche Begriff des ‹wässrigen
Mediums› nahelegt, kann das jenseits des Wort-
spiels als Aufforderung verstanden werden, so-wohl
seine symbolischen als auch seine stofflichen
Dimensionen in den Blick zu nehmen. Bei der
aktuellen Präsenz von aquatischen Themen geht es
nicht nur um medienreflexive oder ästhetische
Fragen, sondern auch um drängende politische
Zuspitzungen. Dazu zählen wiederum nicht nur
Klimakrise und Wasserknappheit, sondern auch das
Sterben im Wasser. Als Umgebungsmedium
122 ZF M 30, 1/2024
lOMoARcPSD|40799667
WASSER | WISSENSCHAFTSFREIHEIT
Zeitschrift für Medienwissenschaft
, Jg. 16, Heft 30 (1/2024), https://doi.org/
10.14361/zfmw-2024-160148
. Published by transcript
Verlag. This work is licensed under the Creative Commons Attribution
CC-BY-NC-ND 4.0 DE licence.
für menschliche Lebewesen ist es, auch wenn sie
selbst zu 70 Prozent aus Wasser bestehen, auf
Dauer nicht geeignet, weil die elementarste aller
Lebensfunktionen, das Atmen, hier nicht möglich
ist. Durch Rassismus und gewaltvolle Grenzre-
gime ist es, von transatlantischer Versklavung
während der middle passage bis zur Flucht
über das Mittelmeer, zum todbringenden Element
vor allem für Schwarze Menschen geworden.
Doch es gibt auch fantastische Imaginationen zum
af-rofuturistischen Überleben unter Wasser, etwa
die akustisch-visuellen Unterwasserwelten des
Musik-Duos Drexciya, oder die wie Meditations-
übungen formulierten Texte von Alexis Pauline
Gumbs in Undrowned (2020), die sich von eher
herrschaftsförmigen Konzepten wie etwa dem von
Jacques-Yves Cousteau (2022) propagierten
«Homo aquaticus» unterscheiden.
Wasser kann andere Stoffe lösen, transportie-ren und
transformieren. Obwohl es das Medium der
Vermischung schlechthin ist, sind seine Imagi-nationen
oft von einem sakralen Reinheitsfetisch geprägt, der
religiös oder spirituell geprägte Hei-lungsfantasien in
sich trägt und insofern über den ganz realen Bedarf nach
sauberem Trinkwasser hi-nausgeht. Auf diskursiver
Ebene gibt es aber auch gegenläufige Bilder wie
muddiness: verunreinigtes, schlammiges, stehendes
oder kippendes Wasser anstelle reibungslosen Fließens
die Anerken-nung von (auch unliebsamer) organischer
Ver-bundenheit. In der Betonung von Verbundenheit,
für die unter anderem Astrida Neimanis in Bodies of
Water (2017) plädiert, liegt ein Ansatz, Wasser nicht
einfach nur als das Andere, sondern anders zu denken.
Dass aber auch ein solches Denken zu-künftige
Konflikte um Wasser als Ressource nicht verhindern
kann, ist zu befürchten.
NATALIE LETTENEWITSCH
Lit.: Gumbs, Alexis Pauline (2020): Undrowned. Black
Feminist Lessons from Marine Mammals, Chico, Edinburgh.
· Heidenreich, Nanna (2019): Meer denken, in: Akade-
mie der Künste der Welt (Hg.): Hybrid Transactions, Köln,
22 23. · Jue, Melody (2020): Wild Blue Media. Thinking
through Seawater, Durham, London. · Neimanis, Astrida
WAS UNS AUSGEHT
(2017): Bodies of Water. Posthuman Feminist Phenomenology,
London. · Peters, John Durham (2015): The Marvelous
Clouds. Toward a Philosophy of Elemental Media, Chicago,
London. · Rozwadowski, Helen M. (2022): «Bringing
Humanity Full Circle Back into the Sea»: Homo aquaticus,
Evolution, and the Ocean, in: Environmental Humanities,
Bd. 14, Nr. 1, 2022, 1 28, doi.org/10.1215/22011919-
9481407. · Siegert, Bernhard (2005): Der Nomos des
Meeres. Zur Imagination des Politischen und ihren Gren-zen, in:
Daniel Gethmann / Markus Stauff (Hg.): Politiken der
Medien, Berlin, 39 56.
WISSENSCHAFTSFREIHEIT In den vergangenen
Jahren wurde im deutschsprachigen Raum eine
intensive akademische Auseinandersetzung um den
Begriff der Wissenschaftsfreiheit geführt. Dies geschah
nicht zuletzt aufgrund eines Zu-sammenschlusses von
Wissenschaftler*innen, der vom Tagesspiegel in der
Überschrift zu einem kri-tischen Beitrag von Simon
Strick und Johanna Schaffer als «Verein der pöbelnden
Professoren»
bezeichnet wurde (Strick / Schaffer 2023). Dieser W
Verein dies arbeitet der Beitrag analytisch gut heraus
sucht den Begriff der Wissenschaftsfrei-
heit für eine rechtskonservative, Deutungshohei-
ten erhaltende Agenda einzunehmen und blendet
dabei wichtige Aspekte wie Macht und Privile-
gienstrukturen konsequent aus (Celikates u. a.
2021; Hoppe u. a. 2021; Strick / Schaffer 2023).
An anderen Stellen wurde hingegen erörtert, dass
ein kritischer Begriff der Wissenschaftsfrei-heit
konstitutiv davon geprägt ist, Vermachtung und
Privilegien nicht auszublenden, sondern die
Vermachtung von Wissen (Foucault 1983) ebenso in
den Blick zu nehmen wie sich von einem klas-sisch
liberalen, negativen Freiheitsbegriff abzu-grenzen
(Gözen 2023). Dabei wurde auch gezeigt, dass
Wissenschaft aus verschiedenen Gründen keinen
Gegensatz zur Politik darstellt. Das fängt
beispielsweise damit an, dass Wissenschaft häu-fig
mit erheblichem Ressourcenaufwand von der Politik
unterstützt und gesetzlich geregelt wird. Zudem sind
politische und gesellschaftliche Aus-
handlungsprozesse der Wissenschaft inhärent.
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Preview text:

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WALD | WASSER
· Hopwood, Nick u. a. (2021): Cycles and Circulation: A MONOKULTUREN
Theme in the History of Biology and Medicine, in: His-
tory and Philosophy of the Life Sciences, Jg. 43, Nr. 89, 1 –
39, doi.org/10.1007/s40656-021-00425-3. · Kasthofer, Karl
(1829): Der Lehrer im Walde. Ein Lesebuch für Schweizerische
Die Forsteinrichtungsverfahren, die Probleme der
Landschulen, Waldbesitzer und Gemeindsverwalter, welche
Holzknappheit und Waldzerstörung lösen sollten,
über die Waldungen zu gebieten haben, Bd. 2, Bern. · Stuber,
führten tendenziell zu einer Privilegierung von
Martin (2008): Wälder für Generationen. Konzeptionen der
Monokulturen und somit zu fatalen Verlusten:
Nachhaltigkeit im Kanton Bern (1750 – 1880), Köln.
Biodiversität und Waldnutzungspraktiken wur-den
· Weber, Heike (2020): Zeit- und verlustlos? Der Recy-cling-
Kreislauf als ewiges Heilsversprechen, in: Zeitschrift für
im Verlauf der Forsteinrichtungen stark re-guliert.
Medienwissenschaft, Jg. 12, Nr. 23 (2/2020): Zirkulation, Im 19. Jahrhundert zwangen (Kolonial-)
20 – 32, doi.org/10.25969/mediarep/14821.
Verwaltungen und Holzunternehmer*innen die
vermeintlich nachhaltige Forstwirtschaft lokalen
Bevölkerungsgruppen auf. Dabei konnten sie an ipt r c ns
die lange Geschichte der Landwirtschaftsplanung
WASSER Wasser geht auf der Erde vermeintlich a tr
und Sklaverei in rasterartigen Raumaufteilungen
nicht aus. Sie ist zu zwei Dritteln davon bedeckt und by d
anschließen. Ob in Europa, Indien, Algerien oder he
nach derzeitigem Wissensstand der einzige Planet, is
in den USA – in verschiedenen Regionen wurden
auf dem es in erheblicher Menge, direkt an der ubl P .
Waldnutzer*innen juristisch verfolgt, wenn sie 7
Oberfläche und in allen Aggregatzustän-den – 4 1
Tiere weideten, Holz und Laub sammelten oder 0
besonders in flüssiger Form – auftritt. Das 6 . 1- ce
andere Formen der Waldnutzung praktizierten, die 4 n
Gesamtvolumen von etwa 1,4 Milliarden Kubik- 2 0 cei
in den taxierten Monokulturen nicht mehr 2 l -
kilometern bleibt gleich. Wie es in ständigem W DE
vorgesehen waren. Die vermeintliche Perfektion mw 0
Kreislauf verdunstet, zu Wolken kondensiert, regnet, . /zf 4
in der Forstwirtschaftsplanung täuschte dabei über 1
versickert, abfließt und wieder verduns- 6 3
Gewalt gegenüber Menschen und anderen 4 ND- 1.
tet, ist ein medial besonders einprägsamer natur- NC
Lebewesen hinweg. Letztendlich rechtfertigten 10 -
wissenschaftlicher Zusammenhang, der anhand g/r BY
das Versprechen eines ausgleichbaren Ressour- o - .
von Schaubildern und Animationen früh erlernt CC
cenhaushalts und das Denkmuster von Fällen und /doi :/ n o
wird. So nachhaltig, dass es als Erwachsene ps it Aufforsten gemäß Kreislaufprinzip einen u htt b
schwer gelingt, in einem Glossareintrag über , i ) rt
intensiven Ressourcenextraktivismus. Noch heute 4 t 2 A
Wasser nicht in den entsprechenden Erklär- 0
werden ähnliche Bild- und Denkmuster mobili- 2 s / n 1 o Duktus zu verfallen. (
siert, um an Utopien von grünem Wachstum und 30 mm
Die harmonische Zirkulation, die solche Kreis- t o
angeblich verlustlosen Ressourcenkreis-läufen f C He e
laufbilder vermitteln, ist aber ebenso trügerisch festzuhalten. , vit 16
wie die Vorstellung einer Unerschöpflichkeit des g.J Crea
Wassers, deren zynische Ausprägung sich etwa in t, e f h a t h
Elon Musks «water everywhere» niederschlägt. c er
Lit.: Hartig, Georg Ludwig (1795/1804): Anweisung s d n n u
Wasser ist mal zu wenig, mal zu viel, und es ist e
zur Taxation und Beschreibung der Forste, Gießen, Darm- s d s es
stadt. · Hartig, Georg Ludwig / Hartig, Theodor
äußerst ungleich verteilt – in zeitlicher und räum- wi n n ce
(1834): Forstliches und forstnaturwissenschaftliches Conversa- e i
licher Hinsicht, aber auch in Bezug auf Zugäng- i l d si e
tions-Lexikon. Ein Handbuch für Jeden, der sich für das Forst-
lichkeit und Verbrauch. Ein verschwindender M rk r o
wesen und die dazu gehörigen Naturwissenschaften interessirt, ü w
Anteil von 3 Prozent der oben genannten Menge f t si
Berlin. · Haeckel, Ernst Heinrich Philipp August fi h r T
ist Süßwasser, nur 0,01 Prozent sind erreichbar. h .
(1866): Generelle Morphologie der Organismen. Allgemeine c g s a
Davon wird immer mehr entnommen, für Agrar- ti Grundzüge der organischen e erl
Formen-Wissenschaft. Bd. 2:
industrie und Güterproduktion, den Anbau von Z V
Allgemeine Entwicklungsgeschichte der Organismen, Berlin. 121 WAS UNS AUSGEHT lOMoAR cPSD| 40799667
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Avocados oder Kaffee, für Mikrochips, Textilien
54). Wasser als Ursprung allen Lebens ist in den
oder besonders luxuriöse Nebenschauplätze wie
Meeres- wie in den Medienwissenschaften eine
Schneekanonen. Während der Meeresspiegel
gewaltige Bezugsgröße, die umfassende Deu-
steigt und die Gletscher schmelzen, sinken die
tungsansprüche provoziert. Es eignet sich als Grundwasserpegel.
Projektionsfläche und als Spielfeld begrifflicher
Sauberes Süßwasser geht tatsächlich verloren
Konzepte wie Immersion oder Fluidität.
(in Deutschland seit 2000 etwa in der Dimen-sion
Medienwissenschaftler*innen machen sich also
des Bodensees – global gesehen noch ein
gerne nass – wenn auch meistens nicht zu sehr.
vergleichsweise geringes Problem). Es wird mit
Forschungen wie die von Melody Jue, die in Wild
Schadstoffen angereichert, sinkt weiter ab oder
Blue Media (2020) zentrale Medienbegriffe ausge-
kann in ausgetrockneten Böden erst gar nicht ge-
hend von der Praxis des Tauchens phänomenolo-
speichert werden. In der Klimakrise werden Kreis-
gisch neu zu fassen versucht, sind eher die Aus-
läufe zu Spiralen: Die Erwärmung der Meere und
nahme. Beliebtere Forschungsgegenstände sind
die Erderwärmung insgesamt beschleunigen sich
Inseln, Strände oder das Aquarium als domesti-
gegenseitig. Dabei verschärfen sich nicht nur die
zierter ‹Ozean im Glas›. Und immer wieder das
geophysikalischen Dynamiken, sondern auch die
Schiff als abgegrenzter Raum, der als Chiffre des
Ungleichheiten. Regionen, die selbst weit weniger
Politischen dient – in Verbindung mit, aber auch
Wasser und fossile Energie umsetzen als andere,
Abgrenzung von dem, «was das Bild ‹rahmt›, das
sind von Überschwemmungen, Dürren wie auch
Formlose, die Bedrohung von außen, das Meer»
von Verschmutzung besonders stark betroffen.
(Siegert 2005, 41). Furcht und Faszination ange-
Wasser ist eine in jeder Hinsicht elementare An-
sichts dieser Bedrohung machen das Schiff auch zu W
gelegenheit von environmental in / justice.
einem Medium der (zumindest vermeintli-chen)
‹Natür-liche› (bzw. ‹physische›) und ‹ökonomische› Herrschaftsausübung. Perspektiven auf Meeresräume
Was-serknappheit, so die offizielle Unterscheidung,
über und unter Wasser sind durch eine lange
sind dabei kaum auseinanderzuhalten.
Geschichte der Exploration und Er-oberung des
Im Wasser verschwimmt die Trennung von
‹Unbekannten› geprägt. In Texten, Filmen und auch
physikalischen, ökologischen und politischen
in der Forschung dominierten meist romantische
Fragen, von Natur und Kultur – erst recht mit
Affirmationen von Abenteuer-Narrativen – erst in
Blick auf aquatische Infrastrukturen wie Brunnen,
letzter Zeit zeigt sich eine Politisierung in der Weise,
Kanäle, Staudämme und Kraftwerke. Auch darin
dass auch die kolonia-len und vergeschlechtlichten
mag seine Attraktivität für die akademische Medi-
Dimensionen dieser Erzählungen deutlicher benannt
enwissenschaft begründet liegen, die sich in einem werden.
ihrer frühen kanonisierten Texte einleitend mit
Wenn Wasser selbst ein Medium ist, wie auch der
den Wasserwegen kanadischer Biber beschäftigt.
naturwissenschaftliche Begriff des ‹wässrigen
Mittlerweile richtet sich das Interesse vor allem
Mediums› nahelegt, kann das jenseits des Wort-
auf die Ozeane als wirkmächtigste Erscheinungs-
spiels als Aufforderung verstanden werden, so-wohl
form von Wasser (das in Zukunft vielen auf der
seine symbolischen als auch seine stofflichen
Erde buchstäblich bis zum Hals stehen könnte):
Dimensionen in den Blick zu nehmen. Bei der
«The sea is on the rise», heißt es in einer dop-
aktuellen Präsenz von aquatischen Themen geht es
pelsinnigen Übersetzung des Satzes «Das Meer
nicht nur um medienreflexive oder ästhetische
hat Konjunktur» (Heidenreich 2019, 22). Man-
Fragen, sondern auch um drängende politische
che Texte sind im Zuge dieser Konjunktur nicht
Zuspitzungen. Dazu zählen wiederum nicht nur
um fachbezogene Superlative wie «the ocean is
Klimakrise und Wasserknappheit, sondern auch das
the medium of all media» verlegen (Peters 2015,
Sterben im Wasser. Als Umgebungsmedium 122 ZF M 30, 1/2024 lOMoARcPSD|407 996 67
WASSER | WISSENSCHAFTSFREIHEIT
(2017): Bodies of Water. Posthuman Feminist Phenomenology,
für menschliche Lebewesen ist es, auch wenn sie
selbst zu 70 Prozent aus Wasser bestehen, auf
London. · Peters, John Durham (2015): The Marvelous
Clouds. Toward a Philosophy of Elemental Media, Chicago,
Dauer nicht geeignet, weil die elementarste aller
London. · Rozwadowski, Helen M. (2022): «Bringing
Lebensfunktionen, das Atmen, hier nicht möglich
Humanity Full Circle Back into the Sea»: Homo aquaticus,
ist. Durch Rassismus und gewaltvolle Grenzre-
Evolution, and the Ocean, in: Environmental Humanities,
gime ist es, von transatlantischer Versklavung
Bd. 14, Nr. 1, 2022, 1 – 28, doi.org/10.1215/22011919-
während der middle passage bis zur Flucht
9481407. · Siegert, Bernhard (2005): Der Nomos des
über das Mittelmeer, zum todbringenden Element
Meeres. Zur Imagination des Politischen und ihren Gren-zen, in:
Daniel Gethmann / Markus Stauff (Hg.): Politiken der
vor allem für Schwarze Menschen geworden.
Medien, Berlin, 39 – 56.
Doch es gibt auch fantastische Imaginationen zum
af-rofuturistischen Überleben unter Wasser, etwa
die akustisch-visuellen Unterwasserwelten des
Musik-Duos Drexciya, oder die wie Meditations-
WISSENSCHAFTSFREIHEIT In den vergangenen ipt
übungen formulierten Texte von Alexis Pauline r
Jahren wurde im deutschsprachigen Raum eine c nsa
Gumbs in Undrowned (2020), die sich von eher
intensive akademische Auseinandersetzung um den tr
herrschaftsförmigen Konzepten wie etwa dem von by
Begriff der Wissenschaftsfreiheit geführt. Dies geschah d he
Jacques-Yves Cousteau (2022) propagierten
nicht zuletzt aufgrund eines Zu-sammenschlusses von is ubl
«Homo aquaticus» unterscheiden.
Wissenschaftler*innen, der vom Tagesspiegel in der P .8
Wasser kann andere Stoffe lösen, transportie-ren und
Überschrift zu einem kri-tischen Beitrag von Simon 4 1 0
Strick und Johanna Schaffer als «Verein der pöbelnden 6 . transformieren. Obwohl es das Medium der 1- ce 4 n
Vermischung schlechthin ist, sind seine Imagi-nationen Professoren» 2 0 cei 2 l -
oft von einem sakralen Reinheitsfetisch geprägt, der
bezeichnet wurde (Strick / Schaffer 2023). Dieser W DE mw 0.
religiös oder spirituell geprägte Hei-lungsfantasien in
Verein – dies arbeitet der Beitrag analytisch gut heraus – /zf 4 1 6
sich trägt und insofern über den ganz realen Bedarf nach
sucht den Begriff der Wissenschaftsfrei- 3 4 ND- 1.
sauberem Trinkwasser hi-nausgeht. Auf diskursiver
heit für eine rechtskonservative, Deutungshohei- NC 10 - g/
Ebene gibt es aber auch gegenläufige Bilder wie
ten erhaltende Agenda einzunehmen und blendet r BY o - .
muddiness: verunreinigtes, schlammiges, stehendes
dabei wichtige Aspekte wie Macht und Privile- CC /doi :/ n o
oder kippendes Wasser anstelle reibungslosen Fließens
gienstrukturen konsequent aus (Celikates u. a. ps itu htt b
– die Anerken-nung von (auch unliebsamer) organischer 2021; Hoppe u. a. 2021; Strick / Schaffer 2023). , i ) rt 4 t 2 A
Ver-bundenheit. In der Betonung von Verbundenheit,
An anderen Stellen wurde hingegen erörtert, dass 0 2 s / n 1 o
für die unter anderem Astrida Neimanis in Bodies of (
ein kritischer Begriff der Wissenschaftsfrei-heit 30 mm
Water (2017) plädiert, liegt ein Ansatz, Wasser nicht
konstitutiv davon geprägt ist, Vermachtung und t o f C He e
einfach nur als das Andere, sondern anders zu denken. Privilegien nicht auszublenden, sondern die , vit 16
Dass aber auch ein solches Denken zu-künftige
Vermachtung von Wissen (Foucault 1983) ebenso in g.J Crea t, e
Konflikte um Wasser als Ressource nicht verhindern
den Blick zu nehmen wie sich von einem klas-sisch f h a t h kann, ist zu befürchten.
liberalen, negativen Freiheitsbegriff abzu-grenzen c er s d n n u
(Gözen 2023). Dabei wurde auch gezeigt, dass e s d s es NATALIE LETTENEWITSCH
Wissenschaft aus verschiedenen Gründen keinen wi n n ce e i i l Gegensatz zur Politik darstellt. Das fängt d si e
Lit.: Gumbs, Alexis Pauline (2020): Undrowned. Black
beispielsweise damit an, dass Wissenschaft häu-fig M rk r o
Feminist Lessons from Marine Mammals, Chico, Edinburgh. ü w f
mit erheblichem Ressourcenaufwand von der Politik t si
· Heidenreich, Nanna (2019): Meer denken, in: Akade- fi h r T
unterstützt und gesetzlich geregelt wird. Zudem sind h .
mie der Künste der Welt (Hg.): Hybrid Transactions, Köln, c g s a t politische und gesellschaftliche Aus- i
22 – 23. · Jue, Melody (2020): Wild Blue Media. Thinking e erl Z V
through Seawater, Durham, London. · Neimanis, Astrida
handlungsprozesse der Wissenschaft inhärent. WAS UNS AUSGEHT 123